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Zivilbeschäftigter der NVA

Thema von Olli vom 24.03.2014.

Es wird viel über Verstrahlung von militärischem Radarpersonal geredet. Was ist aber mit den Zivilbeschäftigten der NVA? Ich habe jahrelang als Zivilbeschäftigter in einer Intstandsetzungseinrichtung für Funkmessgeräte der NVA gearbeitet. Nun bin ich an Krebs erkrankt und möchte wissen ob ich auch irgendeinen Schadensersatzanspruch geltend machen kann und wenn ja welchen und wo? Vielleicht gibt es ja Leute mit ähnlichen Problemen.

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Beiträge zum Thema

 

Entschädigung

mmmmmbretleben am 21.10.2014

was nutzt mir Recht wenn man keine Nerven hat sich jahrelang mit der unfallkasse des Bundes rumzuärgern

 

Rechtsstellung der Wehrdienstleistenden und der Zivilbeschäftigten der NVA der DDR

Thomas Förster am 26.03.2014

Hallo Olli,
Deine Frage ist berechtigt.
Es geht vorliegend aber nicht um Schadenersatz, das ist ein zivilrechtlicher Anspruch und damit ein anderer Rechtsweg.

Es geht um sozialversicherungsrechtliche Ansprüche und Anwartschaften, die Du seinerzeit in Deiner Tätigkeit als Zivilbeschäftigter der NVA gegen Beitragszahlung erworben hast.

Dazu gibt es die nachfolgende einigungsgeschichtliche Rechtsstellung:

Die Wehrdienstleistenden und Zivilbeschäftigten der NVA der ehem. DDR, die seinerzeit an deren leistungsstarken Sendern dienstverwendet wurden, oder in anderer Weise mit ionisierender und nichtionisierender Strahlung in Kontakt kamen, machen heute, wenn sie erkrankt sind und diese Erkrankung auf ihren damaligen Wehrdienst bzw. auf ihre Tätigkeit in oder für die NVA zurück führen, die Anerkennung einer Wehrdienstbeschädigung geltend.

Zivilbeschäftigte die eines Arbeitsunfalls bzw. einer Berufskrankheit.

Wären die Gesundheitsschäden bereits unmittelbar im aktiven Wehrdienst bzw. der Tätigkeit aufgetreten, wären sie über die Versorgungsordnung NVA (für Soldaten auf Zeit und Berufssoldaten) als Dienstbeschädigung und über die Sozialversicherung der DDR (für Wehrpflichtige, Zivilbeschäftigte, Reservisten, Freiwillige) als Arbeitsunfall bzw. Berufskrankheit gem. §220 AGB DDR anzuerkennen und zu entschädigen gewesen.

Nach dem Ausscheiden aus dem aktiven Dienst bzw. der zivilen Tätigkeit in oder für die NVA gilt für die Wehrdienstleistenden aller Statusgruppen grundsätzlich der §220 AGB DDR und für die Zivilbeschäftigten sowieso.

Danach ist eine Dienstbeschädigung in den bewaffneten Organen der DDR einem Arbeitsunfall bzw. einer Berufskrankheit gleichgestellt.

Für die Anerkennung und Entschädigung von Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten war zu DDR-Zeit die Sozialversicherung zuständig. Weil, der Wehrdienst bzw. die Tätigkeit von Zivilbeschäftigten in der NVA war sozialversicherungspflichtige Tätigkeit im Sinne der Sozialversicherung DDR. Schau bitte in Deinem SV-Ausweis nach (so Du ihn noch hast), darin ist Deine Tätigkeit für die NVA bzw. der Wehrdienst als sozialversicherungspflichtige Tätigkeit nachgewiesen.

Die DDR und deren Sozialversicherung gibt es nicht mehr.
Rechtsnachfolger der Sozialversicherung der DDR ist mit Übernahme deren Verwaltungseigentum die Bundesrepublik Deutschland, als Vertragspartner des Einigungsvertrages (vgl. Art 22 EV).

Einigungsgeschichtlich wurde die Bundesrepublik Deutschland in unfallversicherungsrechtlichen Angelegenheiten durch die Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung (BAfUV) vertreten. 2002 wurde dann aus der BAfUV die Unfallkasse des Bundes (UK-Bund).

Die bestreitet heute zwar weitgehend, Rechtsnachfolger der BAfUV und damit der SV DDR und insoweit für alle Wehrdienstleistenden und Zivilbeschäftigten der NVA der DDR zuständig zu sein, aber sie ist es zweifellos und kann sich sicherlich aus der einschlägigen Verantwortung eines Unfallversicherungsträgers der Bundesrepublick Deutschland nicht selbst entlassen.

Eben, weil ein Rechtsnachfolger der Nachfolger in allen Rechten und Pflichten des Rechtsvorgängers ist (vgl. www.wikipedia.de).

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die in sozialen Sicherungssystemen der ehem. DDR (gegen Beitragszahlung) erworbenen Ansprüche und Anwartschaften den Schutz des Art 14 Abs 1 Grundgesetz genießen und infolge unantastbar sind.

Deine unfallversicherungsrechtlichen Ansprüche und Anwartschaften, die Du am 03.10.1990 in die Bundesrepublik Deutschland mitbrachtest, gehören dazu.

Das heißt für Dich Olli, dass Anspruchsgegener für die Anerkennung und Entschädigung Deiner möglicherweise strahleninduzierten Krebserkrankung als Berufskrankheit allein die Unfallkasse des Bundes Wilhelmshaven, in ihrer Eigenschaft als Rechtsnachfolger der Bundesausführungsbehörde für Unfallversicherung und insoweit der Sozialversicherung der ehem. DDR ist.

Die Koordinaten der UK-Bund findest Du unschwer im Internet.

Ebenda müßte ggf. Antrag auf Anerkennung Deiner Krebserkrankung als Berufskrankheit gem. BK-Nr.92, BK-Nr.51, BK-Nr.52 BKVO DDR hilfsweise BK-Nr. 2402 BKV BRD gestellt werden.

Das wird kein leichter Gang, aber Du hast das Recht und die Vernunft auf Deiner Seite.

Solltest Du dazu weitere Fragen haben, dann melde Dich bitte.


 

 

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